SV Emmendorf 1:5 TuS Ebstorf

Spielbericht

Ein ganz normaler Sonntag

Für alle, die einen normalen Spielbericht erwartet haben: Sonne, Rasenplatz, Emmendorf, Tore... Abpfiff. Für alle anderen gibt es den Spielbericht in einer kleinen, nicht ganz wahren Geschichte verpackt.

*Piep* *Piep*


Glücklich aber hellwach schlage ich um 08:00 Uhr die Augen auf. Neben meinem Bett steht ein frischer grüner Smoothie, ein geschälter Apfel steht bereit und ein Glas Wasser ist ebenfalls für ein gesundes Frühstück zu finden. Ein perfekter Start in den Tag für ein großes Fußballspiel in einer unfassbaren Atmosphäre.


*Piep* *Piep*


Ein energisches Weckerklingeln. Ich schrecke hoch. Neben dem Bett steht der letzte Rest einer Familienpizza, ein letzter Rest Gin-Tonic steht auf dem Nachtschrank, im Zimmer verteilt liegen Bierflaschen. „Fuck“ denke ich. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, 10:53 Uhr, massig Zeit bis zum Treffen.


Gedankenblitz: Sonntag, Kreisliga Wochenende, Spiel gegen ne zweite Mannschaft, betrunken, Anpfiff um 13 Uhr. Ein zweiter Blick auf die Uhr. 11:13 Uhr. Treffen um 11:20 Uhr schießt es mir in den Kopf. Glücklicherweise steht die Tasche noch vom Freitagstraining im Flur, im Trainingsganzug bin ich gestern Nacht wohl eingeschlafen, die obligatorische Banane geschnappt, verleiht sie doch Superkräfte, und ab ins Auto zum Treffen.


Versonnen denke ich an das bevorstehende Spiel, tausende Menschen werden mir zujubeln, mit 10 weiteren Großverdienern und Topstars der Fußballwelt werde ich auf einem astrein gepflegten Platz stehen.

 

Hinter mir hupt ein Auto. Ich schrecke hoch. Die Ampel steht auf grün und hinter mir pöbeln mehrere Autofahrer. Erneut denke ich an den Treffpunkt. Über 12 Minuten verspätet stehen dort gleich Kreisligagrößen wie der Juraschek, ein Kaiser und Peters. Flankiert von Youngstars wie dem Salim und dem Lindemann. Die meisten mit ner Kippe und ner Banane in der Hand, verleiht sie doch Superkräfte.


Endlich am Treffpunkt angekommen steige ich strahlend aus dem Auto. Diverse Fans jubeln mir zu, halten Autogrammkarten hin, wollen eine Unterschrift. Glücklich winke ich den Massen zu und verteile die geforderten Unterschriften.

 

„ZERULLA“- ein Schrei unterbricht meine Gedanken jäh. Da stehen sie, die cremé de la cremé des Kreisligafußballs. Der eine kommt mit der Strafkasse auf mich zu, die anderen rauchen. Der Trainer widmet mich keines Blickes. Bin ich doch als 11. Mann glücklicherweise doch noch zum Fußball erschienen.


In Emmendorf angekommen geht’s direkt zum Umziehen in die Kabine. Der heimische Sportwart war schon vorgefahren, hat sämtliche Trikots aufgehängt, mehrere Paar Schuhe stehen geputzt unter den Bänken, überall liegen Bananen, verleihen sie doch tatsächlich Superkräfte.


Müde fällt mein Kopf gegen die Kabinenwand. In der Kabine herrscht Hektik, sie ist noch verschmutzt von vorherigen Spielen, es riecht nach Schweiß, Wärmesalbe und Bier. Bananen gibt’s keine.


Also raus zum Warmmachen. Durch den Spielertunnel, im Hintergrund hört man Musik „.. the Champions..., die Größten...“.
Rumms, ich kriege einen Ball ins Gesicht. Bei herrlichem Sonnenschein stand ich knappe 20 Minuten an der Bande, habe mich gedehnt und muss dabei kurz weg genickt sein. Laufen wird bei Sonnenschein sowieso überbewertet.


Zurück in die Kabine zur taktischen Besprechung. Außen spielen Kai und Juraschek, davor der Kaiser und Martischewski. Im Sturm klassisch der Stuber. „Alle Bälle auf die 6, zum Zerulla, der lang auf die außen und vorne regelt Stuber“. Ich erstarre, verzweifelt warte ich darauf, dass ich aus dem Sekundenschlaf erwache, einen Ball an die Kopf kriege oder auf eine andere Art und Weise aus dem Momentum geholt werde. Nichts.


Also Anpfiff um 13:00 Uhr bei Sonnenschein vom gut aufgelegten Schiedsrichter Steffen Trumann.
Direkt zum Start in die Partie versuchen die Emmendorfer uns hinten einzuschnüren, haben sogar einen Schuss neben das Tor zu verbuchen. Wir hingehen versuchen früh zu pressen was uns auch mehrfach ausgezeichnet gelingt. Dem 1:0 von Stuber aus der 12. Spielminute geht ein gewonnener Zweikampf von Cohrs voraus, der damit seinen 1. Assist zu verbuchen hat. Stuber wird vorne von Freund und Feind alleine gelassen und schiebt ihn entspannt am Torwart vorbei.


Beim 2:0 in der 21. Minute mein großer Auftritt. Ball in der eigenen Hälfte geholt, mehrere Spieler aus getanzt, per Hacke zu Stuber, der haut das Ding per Fallrückzieher in den Winkel.
21. Minute, ich werde im Mittelfeld angeschossen, mit Glück springt der Ball von meinem Knie in den Lauf zu Stuber, der schiebt ihn wiederum am Keeper vorbei. 2:0.


Beim 3:0 konnte selbst ich meinen Augen kaum trauen. Erneut habe ich einfach gewartet aus meiner Extase zu erwachen. Von links außen flankt Cohrs in den 16er, der Kaiser versucht gar nicht erst seine Schwungmasse zum Kopfball zu bewegen. Aus dem Fußgelenk pflückt er das Spielgerät aus der Luft, schaut hoch, atmet tief ein, ich meine sogar ein Augenzwinkern gesehen zu haben und tunnelt dann den Torwart. Der Kaiser! Ausnahmezustand, Extase auf und neben dem Platz. Der Salim hat auf der Bank sogar die Hand in der Hose. Ich kann es nicht fassen. 3:0 nach 27 Minuten.


Der Rest der ersten 45. Minuten plätschert gemütlich vor sich hin. Gelegentlich bietet sich noch die Möglichkeit auf 4 oder 5:0 zu erhöhen. Von Gegenwehr fehlt jegliche Spur. Zurück in der Kabine greife ich reflexartig zum Bier, da fällt mir ein, dass noch weitere Minuten zu spielen sind. Der Trainer erzählt was von wach bleiben, ich nicke zustimmend.


Nach der Pause versuchen die Emmendorfer wieder ihr Glück und spielen ab und an mal nach vorne, ohne vorerst gefährlich zu werden. In der 62. Minute taucht dann der Peters im Strafraum der Emmendorfer auf und markierte das 4:0. Vorausgegangen war ein ca. 8-facher Doppelpass mit Stuber. Ich selber habe den Ball nicht mehr gesehen. Legenden besagen, der Peters hätte ihn letztlich mit dem Kopf gemacht, das halte ich aber für ein Gerücht.


In den letzten 20 Minuten genieße ich die Sonne, fühle die Rufe der Fans und der Ersatzspieler. Ein fantastisches Spiel von mir, meinen verdienten Millionen werde ich erneut gerecht.


Durch einen ohrenbetäubenden Pfiff neben meinem Ohr schrecke ich hoch, ich blinzle, schaue mich um. Der Schiedsrichter zeigt zur Mitte, ich schaue verwirrt. Da hat Emmendorf doch tatsächlich nach 71 gespielten Minuten das 4:1 erzielt. Ich bin weiterhin verwirrt.


Nur knappe 3 Minuten später erhöht Grobecker erneut auf die 4- Tore Differenz. Weiterhin verwirrt von der offensiven Aktion der Emmendorfer sehe ich lediglich wie er aus knapp 7 Metern den Ball über die Linie schiebt und Ohr schraubend abdreht.
Erwähnenswert sind dann nur noch die überragenden Aktionen auf unserer linken Seite, welche Pfanzagl und Salim nach ihren Einwechslungen zu einer Art fußballerischem Orgasmus verwandeln.


Pünktlich nach 90 Minuten ist das Schluss, ein fantastisches Spiel bei fantastischem Wetter. Endlich wieder Bier in der Kabine denke ich. Erschöpft falle ich zu Hause auf das Sofa und schalte den Fernseher ein. Ich sitze mit einem Fernsehkoch und mehreren TV-Stars am Essenstisch und warte darauf, dass das verdiente 6 Gänge Menü aufgetischt wird.


*PIEP* *PIEP* *PIEP*


Erneut schrecke ich hoch. Einen ersten Gedanken verschwende ich an den Wecker von heute morgen. Ein Blick in den Flur verrät mir, der Rauchmelder macht Alarm. Bin ich doch eingeschlafen und habe die TK-Pizza im Ofen vergessen.


Ein ganz normaler Sonntag, denke ich während ich mich umdrehe und erneut einschlafe.

Autor: Fabian Zerulla - 10

Aufstellung

Auswechselungen

Juraschek ↔ Pfanzagl (64')
Kaiser ↔ Salim (69' <- hihi)

Tore

0:1 Stuber (Cohrs | 12')
0:2 Stuber (Zerulla | 21')
0:3 Kaiser (Cohrs | 27')
0:4 Peters (Stuber | 62')
1:4 Kellmer - SVE (71')
1:5 Grobecker (Pfanzagl | 74')